Jahrestage

Warum Uwe Johnsons “Jahrestage” unverzichtbar für das Studium der deutschen Sprache, Literatur und Landeskunde (BRD/DDR) sind.

Ein Essay für Studierende und Lehrende der Germanistik


Einleitung: Das Monument der deutsch-deutschen Literatur

Uwe Johnsons vierbändiges Romanwerk “Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl” (1970-1983) gilt als eines der bedeutendsten literarischen Zeugnisse der deutschen Teilungsgeschichte. Für Studierende und Lehrende der deutschen Sprache, Literatur und Kultur – insbesondere der Landeskunde von BRD und DDR – ist dieses Werk von paradigmatischer Bedeutung. In einer Zeit, in der die Erinnerung an die deutsche Teilung zu verblassen droht und junge Generationen kaum noch persönliche Bezüge zur DDR-Geschichte haben, bietet Johnsons monumentales Erzählprojekt einen unvergleichlichen Zugang zu den kulturellen, politischen und existenziellen Dimensionen der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Dieser Essay argumentiert, dass “Jahrestage” aus mindestens sieben Gründen zur Pflichtlektüre für jeden gehören sollte, der sich ernsthaft mit deutscher Sprache, Literatur und Landeskunde auseinandersetzt.


1. Die authentische Chronik der deutsch-deutschen Realität

Doppelte Geschichtsschreibung: DDR und BRD

Johnsons “Jahrestage” ist mehr als ein Roman – es ist eine literarische Enzyklopädie der deutschen Teilungsgeschichte. Die Protagonistin Gesine Cresspahl, geboren 1933 in Mecklenburg, verkörpert die deutsch-deutsche Biografie par excellence: aufgewachsen in der sowjetischen Besatzungszone, später in der DDR, emigriert in den Westen und schließlich nach New York.

Für die Landeskunde bedeutet dies:

  • Authentische Alltagsgeschichte: Johnson dokumentiert das Leben in der DDR nicht aus ideologischer Distanz, sondern aus der Binnenperspektive. Die Leser erleben die Rationierung, die Angst vor der Stasi, die Schwierigkeiten der Ausreise, aber auch die kleinen Freuden und Solidaritäten des Alltags.
  • Die BRD im Spiegel der Emigration: Gesines Perspektive auf Westdeutschland ist die des Exils. Dies ermöglicht einen kritischen Blick auf die bundesrepublikanische Gesellschaft der 1960er Jahre – ihre Verdrängungsmechanismen, ihren Wirtschaftswunderoptimismus, ihre unaufgearbeitete NS-Vergangenheit.
  • Transatlantischer Kontext: Durch Gesines Leben in New York im Jahr 1967/68 wird die deutsche Geschichte in den globalen Kontext der Vietnam-Proteste, der Bürgerrechtsbewegung und des Kalten Krieges eingebettet.

Historische Präzision und literarische Dokumentation

Johnson arbeitete mit obsessiver Genauigkeit. Er exzerpierte täglich die “New York Times” und baute deren Berichte in seinen Roman ein. Dadurch entsteht eine Chronik der Weltgeschichte, parallel zur individuellen Lebensgeschichte Gesines. Für Studierende der Landeskunde ist dies von unschätzbarem Wert:

  • Die Integration historischer Dokumente schult den kritischen Umgang mit Quellen
  • Die Multiperspektivität (persönliche Erinnerung, Zeitungsberichte, Dialoge) zeigt die Konstruktion von Geschichte
  • Die Gleichzeitigkeit von Privatem und Politischem wird erfahrbar

2. Sprachliche Virtuosität als Lerngegenstand

Polyphonie der deutschen Sprache

“Jahrestage” ist ein Sprachlabor der deutschen Sprache in all ihren Varianten:

a) Regionale Dialekte und Soziolekte:

  • Mecklenburgisches Platt (Gesines Heimat Jerichow)
  • Berliner Umgangssprache
  • Bildungsbürgerliches Hochdeutsch
  • DDR-Verwaltungsjargon

b) Historische Sprachschichten:

  • Die Sprache der NS-Zeit (in Rückblenden)
  • DDR-Neologismen und Euphemismen (“Bausoldaten”, “antifaschistisch-demokratische Ordnung”)
  • Anglizismen des New Yorker Exils

c) Erzähltechnische Sprachexperimente:

  • Innere Monologe
  • Erlebte Rede
  • Dialogische Erzählstrukturen (Gesine und ihre Tochter Marie)
  • Integration von Zeitungszitaten

Didaktischer Mehrwert für den Sprachunterricht

Für Studierende der deutschen Sprache bietet Johnson:

  1. Authentisches Sprachmaterial: Nicht die gereinigte Literatursprache, sondern lebendige, situativ eingebettete Kommunikation
  2. Übersetzungsprobleme: Die englischen Passagen und die Sprachwechsel thematisieren Übersetzbarkeit und kulturelle Differenz
  3. Historische Semantik: Wie verändert sich die Bedeutung von Wörtern in verschiedenen politischen Systemen?

3. Narrative Innovation und moderne Erzähltheorie

Erzähltechnische Modernität

Johnson gehört zu den innovativsten Erzählern der deutschen Nachkriegsliteratur. “Jahrestage” demonstriert narrative Techniken, die in der universitären Erzähltheorie zentral sind:

a) Multiperspektivität:

  • Gesines Perspektive (Ich-Erzählung)
  • Maries kindliche Sicht
  • Die “New York Times” als objektive Außenperspektive
  • Rückblenden in die Familiengeschichte (3. Person)

b) Zeitstruktur:

  • Die “Jahrestage” umfassen exakt ein Jahr (21. August 1967 bis 20. August 1968)
  • Gleichzeitig reichen Rückblenden bis in die 1930er Jahre
  • Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen wird strukturell umgesetzt

c) Metafiktionale Reflexion:

  • Gesines Gespräche mit “Johnson” über das Schreiben
  • Die Thematisierung von Erinnerung und Erzählen
  • Die Frage: Wie erzählt man ein Leben?

Anwendung in der akademischen Lehre

Diese narrativen Strategien machen “Jahrestage” ideal für:

  • Einführungskurse in Erzähltheorie (Genette, Stanzel)
  • Seminare zu Gedächtnisliteratur (Maurice Halbwachs, Aleida Assmann)
  • Memory Studies und kulturelles Gedächtnis
  • Comparative Literature: Vergleiche mit Joyce, Proust, Faulkner

4. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus

Generationenkonflikt und Vergangenheitsbewältigung

Ein zentrales Thema der “Jahrestage” ist die Frage: Wie geht man mit der NS-Vergangenheit um? Gesines Vater Heinrich Cresspahl ist eine ambivalente Figur – kein Widerstandskämpfer, aber auch kein Mittäter, eher ein “stiller Dulder” mit moralischen Skrupeln.

Für die Landeskunde relevant:

  • Unterschiedliche Erinnerungskulturen: Wie ging die DDR mit der NS-Vergangenheit um? Wie die BRD? Johnson zeigt die Differenzen in der “Vergangenheitsbewältigung”.
  • Die Normalität des Bösen: Johnson verzichtet auf plakative Täter-Opfer-Dichotomien. Er zeigt die “grauen” Zonen der Kollaboration und des Wegschauens.
  • Generationentrauma: Gesines Verhältnis zu ihrer Vergangenheit – ihre Unfähigkeit, vollständig “anzukommen” – steht exemplarisch für die “zweite Generation”.

Aktualität für heutige Studierende

In einer Zeit, in der Rechtspopulismus erstarkt und historisches Wissen schwindet, ist Johnsons differenzierte Darstellung:

  • Ein Korrektiv gegen Geschichtsvergessenheit
  • Eine Mahnung vor simplifizierenden Narrativen
  • Ein Modell für kritische Geschichtsreflexion

5. Die DDR-Perspektive: Jenseits von Ostalgie und Kalter-Kriegs-Rhetorik

Johnsons “dritter Weg”

Uwe Johnson, der 1959 aus der DDR in den Westen ging, wurde als “Dichter der beiden Deutschland” bezeichnet. Seine Darstellung der DDR ist weder nostalgisch verklärt noch propagandistisch verteufelt. Dies macht ihn für die Landeskunde besonders wertvoll.

Was Studierende lernen können:

  • Die Ambivalenz des DDR-Alltags: Johnson zeigt das Leben zwischen Anpassung und Widerstand, zwischen ideologischer Indoktrination und privaten Freiräumen.
  • Die Mechanismen der Macht: Die Angst vor der Stasi, die Selbstzensur, die “innere Emigration” – Johnson macht diese psychologischen Dimensionen des Lebens im Überwachungsstaat erfahrbar.
  • Die Ausreise als Trauma: Gesines Emigration ist kein triumphaler Akt der Befreiung, sondern ein schmerzhafter Verlust von Heimat und Identität.

Relevanz für postkoloniale und Erinnerungsforschung

Die DDR-Forschung hat in den letzten Jahren zunehmend postkoloniale und memory studies-Ansätze integriert. “Jahrestage” bietet Material für Fragen wie:

  • Wie wird “Ostalgie” konstruiert?
  • Welche Narrative dominieren die Erinnerung an die DDR?
  • Wie kann man die DDR-Geschichte jenseits von “Diktatur” und “Unrechtsstaat” differenziert darstellen?

6. Transnationale Perspektiven: Deutschland im globalen Kontext

New York 1967/68: Das Jahr der Umbrüche

Ein Alleinstellungsmerkmal der “Jahrestage” ist die Einbettung der deutschen Geschichte in den globalen Kontext. Gesines New Yorker Exil fällt in ein Jahr welthistorischer Umbrüche:

  • Vietnam-Krieg und Antikriegsbewegung
  • Bürgerrechtsbewegung und Rassismus in den USA
  • Studentenproteste weltweit
  • Prager Frühling und sowjetische Intervention

Didaktische Potenziale:

  • Studierende lernen, nationale Geschichte transnational zu denken
  • Der Vergleich von Protestbewegungen in den USA und Deutschland
  • Die globale Dimension des Kalten Krieges wird erfahrbar

Die Emigrantenperspektive

Gesines Status als Deutsche in New York ermöglicht den Blick “von außen” auf beide deutsche Staaten. Dies schult:

  • Kritische Distanz zur eigenen Kultur
  • Verständnis für Exil und Migration (hochaktuell!)
  • Reflexion über nationale Identität

7. Ethische und existenzielle Dimensionen: Wie soll man leben?

Die Frage der moralischen Verantwortung

Im Kern sind die “Jahrestage” ein Bildungsroman der moralischen Verantwortung. Gesine stellt sich die Frage: Wie kann man angesichts historischer Schuld, politischer Unfreiheit und persönlicher Verluste ein gutes Leben führen?

Zentrale ethische Fragen:

  • Kann man sich der Geschichte entziehen? (Gesines Flucht nach New York)
  • Welche Verantwortung haben wir für die Verbrechen unserer Elterngeneration?
  • Wie erklärt man Kindern (Marie) die Schuld der Geschichte?

Bildungswert für Studierende

Diese existenziellen Fragen machen “Jahrestage” zu mehr als einem historischen Dokument:

  • Die Lektüre fordert zur Selbstreflexion auf
  • Sie schult ethisches Urteilsvermögen
  • Sie zeigt, dass Literatur Orientierung in Wertfragen bieten kann

In Zeiten von “Fake News”, Geschichtsrevisionismus und politischer Polarisierung ist diese Dimension von unschätzbarem Wert.


Praktische Überlegungen für die Lehre

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Länge: Mit über 1800 Seiten sind die “Jahrestage” eine Herausforderung. Lösungen:

  • Auswahl repräsentativer Kapitel für Seminare
  • Teamwork: Studierende übernehmen verschiedene Teile
  • Langfristige Lektüreprojekte über zwei Semester

Die Komplexität: Die verschachtelten Zeitebenen und die historischen Anspielungen erfordern Kontextwissen. Lösungen:

  • Begleitende historische Einführungen
  • Nutzung von Kommentarausgaben
  • Arbeit mit Online-Ressourcen (Zeitleisten, historische Karten)

Die Sprache: Dialekte und historische Sprachformen können Nicht-Muttersprachler überfordern. Lösungen:

  • Glossare und Annotationen
  • Kontrastive Sprachanalyse
  • Übersetzungsübungen (besonders für internationale Studierende)

Integration in verschiedene Kursformate

Undergraduate-Level:

  • Einführung in die DDR-Literatur
  • Deutsche Geschichte nach 1945
  • Survey-Kurse zur deutschen Nachkriegsliteratur

Graduate-Level:

  • Spezialseminare zu Johnson
  • Komparatistische Seminare (Johnson, Grass, Böll)
  • Theorieseminare (Narratologie, Memory Studies)

Interdisziplinäre Ansätze:

  • Geschichte + Literatur: Die “Jahrestage” als historische Quelle
  • Soziologie + Literatur: Alltagsgeschichte der DDR
  • Politikwissenschaft + Literatur: Totalitarismus und Individuum

Forschungsperspektiven und akademische Relevanz

Aktuelle Forschungstendenzen

Die Johnson-Forschung ist international lebendig. Zentrale Themen:

  1. Archivforschung: Die Erschließung des Johnson-Nachlasses (Universität Rostock)
  2. Genetische Kritik: Die Entstehungsgeschichte der “Jahrestage”
  3. Intermedialität: Johnson und Film, Johnson und Fotografie
  4. Transnationale Germanistik: Johnson im Kontext der Weltliteratur
  5. Digital Humanities: Digitale Editionen und Textanalysen

Anschlussfähigkeit an internationale Diskurse

“Jahrestage” ist anschlussfähig an zentrale Debatten der internationalen Literaturwissenschaft:

  • World Literature (David Damrosch, Franco Moretti): Wie wird deutsche Geschichte global lesbar?
  • Postmemory (Marianne Hirsch): Wie wird Erinnerung an die nachfolgende Generation weitergegeben?
  • Trauma Studies (Cathy Caruth): Wie lässt sich kollektives Trauma erzählen?
  • Ecocriticism: Die Ostsee-Landschaft bei Johnson als ästhetischer und politischer Raum

Vergleichende Perspektiven: Johnson im Kanon der Weltliteratur

Johnson und die internationalen Meister des Romans

Johnsons Erzähltechnik steht in der Tradition der großen Modernisten:

James Joyce (“Ulysses”):

  • Die Chronik eines Tages/Jahres
  • Stream of Consciousness
  • Die Stadt als Protagonist (New York bei Johnson, Dublin bei Joyce)

Marcel Proust (“À la recherche du temps perdu”):

  • Die Suche nach der verlorenen Zeit
  • Erinnerung als Erzählprinzip
  • Die Konstruktion von Identität durch Erzählen

William Faulkner:

  • Multiperspektivität
  • Der Süden als traumatisierter Raum (vergleichbar mit Mecklenburg)
  • Familiengeschichte als Geschichtsschreibung

Relevanz für Comparative Literature

Für Studierende der Komparatistik bietet Johnson:

  • Material für Vergleiche mit der anglo-amerikanischen Moderne
  • Einblicke in die spezifisch deutsche Tradition (Fontane, Thomas Mann)
  • Die Frage: Was ist “europäischer Roman” im 20. Jahrhundert?

Kulturelles Gedächtnis und Erinnerungspolitik

Die “Jahrestage” als Medium des kulturellen Gedächtnisses

Im Sinne von Jan und Aleida Assmann funktionieren die “Jahrestage” als Speicher des kulturellen Gedächtnisses:

  • Sie bewahren Alltagserfahrungen, die nicht in Geschichtsbüchern stehen
  • Sie tradieren Erfahrungen über Generationen (Großvater – Vater – Tochter)
  • Sie schaffen einen Resonanzraum für kollektive Erinnerung

Für die Lehre bedeutet dies:

Studierende lernen am konkreten Text, wie:

  • Individuelle und kollektive Erinnerung interagieren
  • Literatur als Medium von Geschichtsschreibung fungiert
  • Erinnerungskonkurrenzen (DDR vs. BRD) literarisch verhandelt werden

Aktualität in Zeiten des Vergessens

30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Erinnerung an die deutsche Teilung bei jungen Menschen oft abstrakt. “Jahrestage” kann:

  • Vergangene Lebenswelten erfahrbar machen
  • Empathie für historische Situationen wecken
  • Vor Vereinfachungen und Instrumentalisierungen schützen

Fazit: Ein unverzichtbares Werk für German Studies

Uwe Johnsons “Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl” sollten aus folgenden sieben Gründen zur Pflichtlektüre für Studierende und Lehrende der deutschen Sprache, Literatur und Landeskunde gehören:

  1. Historische Authentizität: Die umfassendste literarische Chronik der deutsch-deutschen Geschichte
  2. Sprachliche Vielfalt: Ein Kompendium der deutschen Sprache in all ihren Varianten
  3. Erzählerische Innovation: Ein Meilenstein der modernen Erzählkunst
  4. Moralische Tiefe: Die differenzierteste literarische Auseinandersetzung mit NS-Vergangenheit und deutscher Teilung
  5. Transnationale Perspektive: Die Einbettung deutscher Geschichte in globale Zusammenhänge
  6. Didaktischer Wert: Vielfältige Anknüpfungspunkte für unterschiedliche Lehrformate
  7. Aktualität: Relevanz für gegenwärtige Debatten um Erinnerungskultur, Migration und Identität

Für Studierende bedeutet die Lektüre:

  • Vertieftes Verständnis der deutschen Geschichte
  • Schulung analytischer und interpretatorischer Fähigkeiten
  • Sensibilisierung für die Komplexität historischer und moralischer Fragen
  • Einübung in komplexe literarische Texte auf höchstem Niveau

Für Lehrende bietet das Werk:

  • Reichhaltiges Material für verschiedenste Lehrveranstaltungen
  • Anschlussfähigkeit an internationale Forschungsdiskurse
  • Die Möglichkeit, Literatur, Geschichte und Theorie zu integrieren
  • Ein Modell für engagierte, gesellschaftsrelevante Literaturwissenschaft

Schlussbemerkung

In einer Zeit, in der die Geisteswissenschaften ihre Relevanz unter Beweis stellen müssen, zeigt Johnsons “Jahrestage”, warum Literatur unverzichtbar ist: Sie bewahrt Erfahrungen, die sonst verloren gingen. Sie ermöglicht Empathie über historische und kulturelle Grenzen hinweg. Sie bietet Orientierung in komplexen moralischen Fragen. Und sie zeigt, dass die Beschäftigung mit Sprache, Literatur und Kultur keine l’art pour l’art ist, sondern fundamental für das Verständnis unserer Gegenwart.

Wer Uwe Johnsons “Jahrestage” liest, liest nicht nur einen großen Roman. Er oder sie tritt ein in einen Dialog über die Frage, die uns alle angeht: Wie wollen wir leben angesichts der Last der Geschichte? Diese Frage zu stellen und immer wieder neu zu beantworten – das ist die Aufgabe der Bildung. Und dafür gibt es kaum ein geeigneteres Buch als die “Jahrestage”.


Weiterführende Literatur

Primärliteratur:

  • Johnson, Uwe: Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl. 4 Bände. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1970-1983.
  • Johnson, Uwe: Begleitumstände. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1980. (Johnsons eigene Reflexionen zur Entstehung)

Sekundärliteratur (Auswahl):

  • Berbig, Roland (Hrsg.): Stille Zeilen. Uwe Johnson im Gespräch. Göttingen: Wallstein, 2010.
  • Neumann, Bernd: Utopie und Mimesis. Zum Verhältnis von Ästhetik, Gesellschaftsphilosophie und Politik in den Romanen Uwe Johnsons. Kronberg: Athenäum, 1978.
  • Riedel, Nicolai: Unzuverlässiges Erzählen im Werk Uwe Johnsons. Berlin: De Gruyter, 2013.
  • Schmitz, Walter (Hrsg.): Über Uwe Johnson. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1992.

Internationale Forschung:

  • Bond, Greg: Understanding Uwe Johnson. Columbia: University of South Carolina Press, 2019.
  • Melin, Charlotte: Reading Uwe Johnson. Amsterdam: Rodopi, 2014.

Online-Ressourcen:


Autor: Peter H Bloecker, Retired Director OF Studies
Affiliation: Higher Education Research – German Studies
Blog: bloecker.wordpress.com | peblogger.com
E-Mail: contact via blog

Dieser Essay ist Teil einer Reihe über kanonische Werke der deutschen Nachkriegsliteratur im universitären Kontext.


Zitiervorschlag: Bloecker, P.H. (2025): “Warum Uwe Johnsons ‘Jahrestage’ unverzichtbar für das Studium der deutschen Sprache, Literatur und Landeskunde (BRD/DDR) ist. Ein Essay für Studierende und Lehrende der Germanistik.”

Online verfügbar unter:

Bloeckerblog.com

Last update on 3 Nov 2025 by Author.

The Author lives at the Gold Coast since he retired from the active School Service in Lower Saxony, DHPS Windhoek and Goethe-Institut Australia.

Ex – German Language Adviser of Goethe – Australia based in Brisbane with Education Queensland (EQ) working from the LOTE Centre Centre, Westend until 2005.


Anhang: Didaktische Materialien

Vorschlag für eine Seminarreihe (12 Sitzungen)

Sitzung 1-2: Einführung – Uwe Johnson und die deutsche Teilung
Sitzung 3-4: Erzähltechnik und Zeitstruktur
Sitzung 5-6: DDR-Landeskunde durch Literatur
Sitzung 7-8: New York 1967/68 – Transnationale Perspektiven
Sitzung 9-10: Erinnerung und Trauma
Sitzung 11-12: Ethik und Verantwortung – Abschlussdiskussion

Mögliche Essay-Themen für Studierende

  1. Multiperspektivisches Erzählen in den “Jahrestagen”
  2. Die Konstruktion von Heimat bei Johnson
  3. DDR-Alltag zwischen Anpassung und Widerstand
  4. Die Rolle der “New York Times” im Roman
  5. Väter und Töchter: Generationenverhältnisse bei Johnson
  6. Sprache als politisches Instrument
  7. Vergleich: Johnson und Christa Wolf
  8. Exil und Identität in den “Jahrestagen”
  9. Der Prager Frühling in Johnsons Roman
  10. Vergangenheitsbewältigung in Ost und West

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